25.10.05

09.10. - 26.10.2005 Stade - Den Helder "Es geht los!"

In Stade angekommen werden nochmals die Supermärkte, Eisenwarenläden und Antiquariate gestürmt. Auch die Aldi-Brüder sind noch reicher geworden. Schnell noch das Boot aufräumen, und der Besuch kann kommen. Zuerst besucht uns eine Reporterin des Stader Tageblattes, macht ein Interview und ein paar Photos. Die Nachricht über ihren Besuch erreicht uns beim Einkaufen im Supermarkt. Also schnell zum Boot, wir haben nur eine Stunde Zeit zum duschen, Zähne putzen und Aufräumen.



08.10.2005:

Offizieller Abfahrtstermin!


Die ersten Gäste trudeln um 1000 ein. Wir frühstücken bei bestem Wetter gemeinsam draußen. Nach und nach kommen immer mehr Mamas, Papas und „Zaungäste“ (aufmerksam geworden durch den Artikel in der Zeitung), so dass das Boot langsam zu kentern droht, weil alle auf der Backbord - Seite sitzen. Sektflaschen werden geköpft, Bierfässer angestochen, Haare werden uns vom Kopf gegessen (zugegeben, ein paar Haare essen wir selbst). Ein Stader bringt uns noch eine Flasche Wein vorbei, wie er sagt „für harte Zeiten“ – Danke!



Es wird langsam dunkel und die meisten Gäste sind wieder unterwegs nach Hause. Nur Fritz und Timo' s Arbeitskollege Andreas sind uns treu geblieben und wollen über Nacht bleiben. Achso, Andreas hat seine Zwillinge mitgebracht, zwei Mädchen im Alter von sieben Jahren, sehr wissensdurstig und verspielt. Jetzt wird sich zeigen ob unser Schiff stabil ist:
Alle Leinen werden bedient, alle Schränke geöffnet, die Pinne geschwenkt, an den Wanten gerüttelt, das WC getestet, und noch vieles mehr. Die Erwachsenen, mit dem Leeren des Bierfasses beschäftigt, konnten den beiden Wirbelwinden gar nicht so schnell folgen. Es dürfte so ein zwei Uhr am Morgen geworden sein, als wir in die Kojen gekrochenen sind. Die Zwillinge schlummerten bereits seit Stunden mit unserer Stoff – Crew im Arm im Vorschiff.

Abfahrt:
Um 0630 brüllte der Wecker. Aufstehen!!! – Wir fahren heute um die Welt! (na ja, heute wollen wir erstmal bis Cuxhaven...). Leinen los, Gäste und Zwillinge in Stader Sand von Bord befördern (Uta ´s und Holger´ s Taxi – Service wartet bereits) und weiter geht´s Elb abwärts.



Von Cuxhaven geht es über Norderney und Borkum nach Emden. Manch einer würde behaupten, dass Emden nicht genau auf der Strecke einer Weltumseglung liegt, damit haben sie wohl Recht!

Hier erhalten wir den letzten Besuch von Fritz auf deutschem Boden.
Im Gepäck ein zweites GPS (unser Geburtstagsgeschenk), das Navigationsprogramm und den reparierten Wallas – Petroleumherd. Dieser stand bis zur Reparatur mehrere Wochen in einer Werkstatt bei Lübeck und war erst betriebsbereit, als wir schon „über alle Meere“ waren. Fritz und sein alter Mercedes (kurz vor dem Achsbruch) erbarmen sich, bringen den Herd nach Emden und begleiteten uns ein letztes Mal zum Aldi – Großeinkauf.

Auch eine Zugfahrt nach Hannover steht noch an, um uns endgültig von unserem bisherigen Leben zu verabschieden und den Verkauf unseres „Zuhauses“ auf dem Festland abzuwickeln.



Am 19.10., Timo´s Geburtstag, geht´s weiter.
Bei südlichen Winden von bis zu 8 Beaufort kreuzen wir nach Holland, besuchen die Insel Vlieland und erreichen schließlich Den Helder. Unser Navigationsprogramm „Navichart“ bewährt sich bis jetzt sehr gut, ebenso die Windpilot.

Der gute Mann von der Deutschen Welle redet auch weiterhin von 8 Bft und mehr aus südlicher Richtung. Deswegen sitzen wir nun schon seit vier Tagen in Den Helder fest und passen auf, dass die Kaffeetassen nicht vom Tisch fliegen - so stark drückt der Wind das im Hafen festgemachte Boot auf die Seite.



Wir und unser Segelboot sind bestens bewacht.

Diesen Part übernimmt die Königliche Niederländische Marine, in deren Sportboothafen wir liegen.

Zu unserer Verteidigung stehen zahlreiche Zerstörer, Fregatten und U-Boote zur Verfügung. Wenn wir in die Stadt gehen, melden wir uns bei der Torwache an und ab. Der Zapfenstreich gilt für uns, zum Glück, nicht.

9.10.05

Zeitungsartikel des "Stader Tageblattes" vom 08.10.2005

Von Stade aus um die Welt

Abschied im Hafen: Timo Holländer und Sandra Wulf setzen die Segel

Kreis Stade (sal).

Große Flaschen Maggi-Soße und rote Weihnachtsbaumkugeln haben sie eingepackt. Ansonsten mussten sich Timo Holländer und Sandra Wulf beschränken. Mit der 10,68 Meter langen Segelyacht „Ultima“ starten der gebürtige Stader und seine Freundin zu einer Weltumseglung. Im Stader Hafen nehmen sie am Freitag Abschied.

„Von einer Weltreise habe ich mein Leben lang geträumt“, sagt Timo Holländer. Mit seinem Vater Fritz Holländer, der vor seinem Umzug nach Celle mit seiner Familie in Buxtehude lebte und viele Jahre im Altländer Yachtclub Mitglied war, segelte er seit frühester Kindheit. In Hannover lernte der 31-Jährige seine Freundin Sandra kennen, eine „Wasserratte“ aus dem Hunsrück, die erst auf dem Maschsee und dem Steinhuder Meer ihre Leidenschaft fürs Segeln entdeckte. Zusammen sind sie von Neustadt aus auf der Ostsee gesegelt, haben viele Touren nach Skandinavien, Finnland, dem Heimatland seiner Mutter Kristiina, und ins Baltikum unternommen.



Seit zwei Jahren planen der Techniker und die Krankenschwester und Sozialpädagogin die Reise. In Malaga in Spanien kauften sie im Februar ein stabiles Aluminium-Boot:
eine 20 Jahre alte Sloop, in Wedel gebaut, die für Transatlantikrennen konstruiert wurde. 13,6 Meter hoch ist der Mast, mit acht verschiedenen Segeln, einem Dieselmotor und einer Rettungsinsel für den Notfall ist der Dreiviertel-Tonner ausgerüstet.

Des Skippers größte Sorge sind die Wale, die unter der Wasseroberfläche schlafen, und im Wasser treibende Container. Auch Piraten seien handfeste Gefahren – „doch das lassen wir auf uns zukommen“, sagt Sandra Wulf. Vor Langeweile fürchten sie sich dagegen nicht. Sie seien mit Büchern gut eingedeckt und am Boot gebe es immer etwas zu reparieren. An Bord haben sie kein Satellitentelefon und damit auch keinen Internetanschluss. Einsam kann es auf dem Wasser deshalb schon werden, doch in den Häfen sind sie erreichbar: Über ihre Homepage www.world-sailing-ultima.blogspot.com und per Email (ultima.wh@web.de) halten sie Kontakt zur Heimat.

Sonntag früh werden sie mit dem Hochwasser zu ihrer rund 30 000 Seemeilen langen Reise auslaufen. Richtung Kanaren, dann über den Atlantik nach Südamerika, durch die Magellan-Passage und die Fjorde Chiles, über den Pazifik in die Südsee, Australien, Indien, Afrika. Eine genaue Route haben sie nicht ausgearbeitet, sie wollen sich Zeit lassen, immer wieder neu entscheiden. Mindestens drei Jahre wollen sie unterwegs sein.

Ihr erstes Weihnachtsfest feiern sie auf hoher See. Dann kommen die roten Kugeln zum Einsatz.

Artikel erschienen am: 08.10.2005 © Zeitungsverlag Krause GmbH & Co. KG