8.11.05

27.10. - 06.11.2005 Den Helder - Le Havre "The Channel"

Wir schreiben den 04.11.2005:

Wir befinden uns in Le Havre (Normandie / Frankreich). Für dieses „beachtliche“ Stück von 350 sm haben wir neun Tage gebraucht. Das bedeutet einen Schnitt von 38 sm am Tag. Ziemlich wenig, aber wir kommen leider kaum zum Segeln. Ständiger Wind aus Südwest oder Süd, so dass man Ihn nicht gebrauchen kann. Windstärke sechs wird praktisch auch nicht unterschritten. Sehr zum Leidwesen von Sandra´ s Magen.

Fangen wir vorne an:

Wir starten am 27.10. in Den Helder und segeln mit einer frischen Brise Richtung Südwest. Die Nacht ist sehr warm, um die 18 Grad. Der Wind nimmt leicht zu und das erste Reff kommt ins Großsegel. Bald darauf tauschen wir den Klüver gegen die Fock.



Blankenberge in Belgien erreichen wir am späten Nachmittag des nächsten Tages, nachdem uns ein Angler an der Kaimauer gefangen hat (oder wir Ihn? Na ja - ging im Geschrei unter). Der Ort ist furchtbar – wie Grömitz mit hohen Bettenburgen. Hafengeld 16 €. Nur die Pommes und die Fleischkroketten sind zu empfehlen.

Schnell weg! Start am nächsten Morgen um 0800 und ab geht es in den Ärmel-Kanal. Der Wind ist mäßig. Das erste Mal auf unserer Reise fällt der Anker - vor dem Stahlwerk von Dünkirchen.
Der Wind bläst inzwischen mit Stärke 7 aus Süd. Die Stahlwerksbetreiber nutzen den ablandigen Wind zum Reinigen Ihrer Filter. Es wird ein sehr romantischer Abend mit Schwefelgeruch (lag nicht an der Erbsensuppe).

26,7 sm später und nach einer ruppigen Überfahrt machen wir am 30.11. an einer Mooring in Calais fest. Aufgrund des starken Fährverkehrs nach Dover wurde eine Art Ampel erfunden, um sicher in den Hafen zu kommen.
Unser Nachteil ist nur, dass unsere zwei Hafenhandbücher die verschiedenen Lichtsignale genau gegenteilig interpretierten. Zum Glück läuft gerade ein französischer Segler vor uns ein, dem wir uns anschließen. Wie sich später herausstellte, ignorierte er die Ampeln oder hatte dasselbe Buch wie wir. Wir haben die entgegenkommende Fähre überlebt und keinen Strafzettel bekommen.



Mit dem Enterhaken wird an einer Wartemooring festgemacht. Der Yachthafen öffnet seine Tore nur bei Hochwasser, was uns bezüglich der Startzeit am nächsten Tag sehr einschränken würde.
Ein weiterer Vorteil der Moorings ist, dass Sie nichts kosten. Also Schlauchboot aufpumpen und rüber an Land. Die Stadt gefällt uns auf den ersten Blick besser als erwartet. Man kann gut essen und einkaufen. Die Sonne scheint und uns überkommt zum ersten Mal ein Gefühl der Urlaubsstimmung. Dank der Zeitumstellung bekommen wir noch eine Stunde geschenkt.

Nächste Etappe Calais – Dieppe:

Um 0600 starten wir. Diesmal mit der richtigen Ampel. Sandra kramt unter Deck und Timo steuert.
Der Steuermann zuckt zusammen, als die Lautsprecheranlage des Hafens lauthals ertönt und versucht, irgendetwas auf französisch zu vermitteln. Jetzt rächt sich, dass man in der Schule nicht aufgepasst hat. Der Lautsprecher meldet sich noch ein zweites Mal. Diesmal ignoriert der Steuermann lässig die Ruhestörung und auch den Umstand, dass eine Fähre hinter uns losmacht. Aber alles geht auch ohne Strafzettel und Karambolage wieder gut.

Mal wieder mit starkem Südwest, schlittern wir am 31.11. gegen 2100 in den Hafen von Dieppe hinein. Die Stadt wird von mächtigen Kreidefelsen eingerahmt.
Schon im Jahr 907 nutzten die Wikinger die hiesige Flussmündung wegen ihrer Tiefe als Hafen. Und nannten sie „djepp“, in ihrer Sprache das Wort für „tief“. Viele Kirchen, eine Burg aus dem 15. Jh. und ein altes Stadttor aus Sand- und Feuerstein verschönern das Stadtbild. Die Häuserfassaden werden von schmiedeeisernen Balkongittern geschmückt.

Obwohl die Stadt uns sehr gut gefällt, werden wir nach drei Tagen Stillstand doch langsam nervös. Südwest 6 – 8 Beaufort und in Böen noch mehr.
Es wird am Boot gebastelt, geputzt, eingekauft und voll getankt. Jeden Tag verrichten wir aufs Neue die Hafengebühren, immer in der Hoffnung, dass der Wind am nächsten Morgen nachlässt oder zumindest aus der richtigen Richtung pustet. Keine Chance. Weder der Seewetterbericht im Deutschlandfunk noch der Aushang beim Hafenmeister haben positive Nachrichten zu vermelden.



Wir haben alle Gassen durchstöbert, mit dem Fahrrad das mittelalterlich wirkende Fischer-Viertel „Le Pollet“ und die Außenbezirke erkundet. Große und kleine Geschäfte säumten den Weg, wir fanden aber nur ein bankrottes Internet – Cafe´ und einen sehr weit entfernten Segel – Ausrüstungsladen, der natürlich die Glühbirne für das Positionslicht (>une ampoulle<), die wir brauchten, gerade nicht auf Lager hatte - so ein Ärger und eine Rennerei im Regen wegen nichts.
Aber das wird uns wohl noch häufiger blühen...

Am zweiten Abend finden wir uns in einem Fischrestaurant bei „Muscheln a` la Roquefort“ wieder, so günstig und köstlich, dass wir uns am nächsten Tag direkt beim Fischer am Hafen mit frischen Muscheln eindecken und das neue Roquefort – Rezept testen, noch günstiger ( 1 Kilo Miesmuscheln 1,50 €) und fast noch köstlicher.

Als der Wind zwar noch aus Südwest weht, aber immerhin etwas nachgelassen hat (so glaubten wir...), beschließen wir, uns mit dem Motor in Küstennähe bis Le Havre durchzukämpfen. Dazwischen liegt nur Fecamp, ein Hafen, dessen Einfahrt bei Niedrigwasser trocken fällt und somit für uns nicht in Frage kommt.

So starten wir gegen 0900, um später den bei Hochwasser einsetzenden Strom Richtung W/SW nutzen zu können. Es beginnt eine der bisher unangenehmsten Etappen: Wind absolut von vorne; kurze, steile und bis zu vier Meter hohe Wellen stürzen über uns und das Boot herein.
Der Motor gibt alles, was man von unseren Fenster- Dichtungen leider nicht behaupten kann. Timo steuert, Sandra speit Galle und anderes.

Abends um 2300 surfen wir endlich in den sicheren Hafen von Le Havre, machen unser braves Boot an einem Gastliegeplatz fest und fallen rückwärts in die Kojen. Hier gibt es, wie auch in Dieppe, unsere geliebten Ampeln an der Hafeneinfahrt. Der Schiffverkehr ist für einen der größten europäischen Häfen entsprechend stark.



Viele Schiffe liegen vor dem Hafen auf Reede.

Am nächsten Morgen schmerzen die Knochen immer noch. Der Hafenmeister kassiert 49 € für 2 Nächte und zweimal duschen, dass schmerzt noch mehr.
Es gibt nichts Schlimmeres, als in eine verdreckte, enge, braun gekachelte 60er– Jahre–Dusche eine Münze einzuwerfen, um dann feststellen zu müssen, dass das lauwarme (oder laukalte?) Wasser die geschundenen Schultern nur tropfenweise und per immer wieder zu betätigendem Druckknopf erreicht. Und dann der fremde Haarpfropf im Ausguss (Zitat Timo: „Ich glaube, vor mir hat King Kong geduscht“).
In solchen Fällen wünschen wir uns nichts sehnlicher zurück als unsere eigene, private Badewanne...

Die Stadt wurde im letzten Krieg fast völlig zerstört, so dass sich der Architekt Auguste Perret seine Traumstadt baute. Leider war er, unübersehbar, ein Betonfanatiker und machte nicht einmal vor der Kirche halt.
Des weiteren gibt es einen Betonklotz, der sich Kulturzentrum nennt.



Die Läden für Segelausrüstung haben wesentlich mehr zu bieten.
Zufällig findet an diesem Wochenende die Jacques Vabre Transatlantik – Regatta (www.jacques-vabre.com)statt. Es geht nonstop von Le Havre nach Salvador de Bahia in Brasilien.

Am Samstag starten zwanzig „60-Fuß-Monocoques“ (Einrumpfboote), ein spannendes Ereignis – Menschenmassen und Zuschauerboote sind unterwegs; es herrscht Volksfeststimmung.
Sechs Hubschrauber kreisen in halber Masthöhe über dem Geschehen. 10 Meter an unserem Liegeplatz vorbei fahren die französischen und englischen „Stars“ wie Ellen Mc Arthur, Roland Jourdain, Mike Golding mit stolzen Rennyachten namens „Galileo“, „Sill&Veolia“, „Bonduelle“, „Ecover“ (meistens nach den Namen der Sponsoren benannt).

Am Sonntag wird es noch turbulenter auf dem Fahrwasser und auf den Bürgersteigen, als die riesigen „Multicoques“ (Mehrrumpfboote) gegen Mittag den Hafen verlassen.
Die haben es gut, die können bei dem Wind (SW 7-8, in Böen 9-10) relativ problemlos auslaufen (Gedankengang: Die haben ja auch Sponsoren und müssen – Wir haben noch die Boots- Versicherung und könnten...Nein Danke!.

Auch technische Problemchen haben wir:

Unser Großsegel hat einen Riss im Achterliek, den wir mit Panzertape in Den Helder vorerst provisorisch geklebt haben (hält immer noch);
Zudem fahren wir manchmal mit zwei- oder dreihundert Litern Wasser in der Ankerkiste durch die Gegend – wir arbeiten zum dritten Mal daran, die Kiste mit Moosgummi abzudichten;
Unser 800 € teures Batterieladegerät spinnt (laut Prospekt: „...erkennt Fehler selbst!“);
Undichtigkeit im Kleiderschrank (der Heizlüfter der Marke „Fakir“ arbeitet Tag und Nacht daran, die Schurwolle wieder ins Trockene zu bringen);
Werkzeuge verschwinden einfach (Klabautermann?);
Der Kühlschrank macht eine wohl saisonal bedingte Pause, deren genauerer Ursache wir bisher noch nicht auf die Schliche kamen. Diesem Problem werden wir uns wohl in wärmeren Gefilden ernsthafter widmen;

1 Kommentare:

At 9.11.05, Anonymous Anonym sagte...

Lasst euch nicht das Boot abfackeln ;)

 

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